1. Interview von Schülern des HHG an Philipp Gabriel in Komatsu / Japan
1) Essen: Was ist anders und was schmeckt dir besonders gut?
Ich esse morgens Toastbrot, sonst gibt es meistens etwas, bei dem Reis dabei ist. In Japan hat man oft auch mehrere kleine Sachen anstelle eines großen Gangs. Die Fleischportionen hier sind deutlich kleiner als in Deutschland. Mindestens einmal am Tag gibt es zum Essen eine Misosuppe oder Ähnliches (meistens abends). Bis auf ein paar wenige Sachen kann ich hier alles essen. Ich habe auch schon Natto (vergorene Sojabohnen) in Nattomaki und Nattogohan gegessen.
2) Hast du etwas von dem Erdbeben gemerkt? Wie war die Reaktion in Komatsu?
Von dem Erdbeben haben wir hier zwar nichts gespürt, aber ein paar Minuten später liefen im Fernsehen schon Berichte und es wurden immer wieder Neuigkeiten gebracht. Das Erdbeben war mehrere Tage das Hauptthema im Fernsehen. An meiner Schule wurden ein paar Spenden gesammelt, um die Leute dort zu unterstützen. Es wurde viel darüber geredet. Mittlerweile hat sich die Lage ziemlich beruhigt, es wird aber noch eine Weile dauern, bis dort wieder alles normal ist. Da so starke Erdbeben in Japan keine Seltenheit sind (auch wenn dieses Erdbeben ziemlich viel Schaden angerichtet hat), hat es uns in Komatsu nicht aus dem Alltag gerissen, hier war alles normal.
3) Wie lange hast du jeden Tag Schule?
Die Schule fängt um 8:30 Uhr an, man sollte aber mindestens 10 Minuten früher da sein oder sogar 20 min früher (in Japan sollte man immer vor der ausgemachten Zeit da sein). Die Mittagspause beginnt um 12:40 Uhr, bis dahin sind schon vier Unterrichtsstunden vorbei. Eine Unterrichtsstunde dauert 50 min plus 10 min Pause. Der eigentliche Unterricht ist um 15:15 Uhr zu Ende und mit Putzen des Klassensaals und danach Judoclub ist es dann 18:00 Uhr bis ich nach Hause fahren kann. Ich brauche ungefähr 10 min bis zur Schule (mit dem Fahrrad).
4) Ist der Straßenverkehr dichter oder anders als bei uns? Wie kommst du mit dem Linksverkehr zurecht?
Der Straßenverkehr ist eigentlich wie bei uns, die Ampeln und Kreuzungen sind nur etwas anders aufgebaut und es gibt viele sehr kleine Straßen. Der Linksverkehr ist kein Problem mehr, was mich am Anfang jedoch verwirrt hat ist, dass Fahrradfahrer nicht immer links fahren und ich wusste nicht, wo man auf welcher Seite fahren kann. Ich habe mich dann dazu entschlossen, immer links zu fahren, weil das am einfachsten ist. In Komatsu ist der Verkehr nicht dichter als in Kaiserslautern, hier ist eher mehr Platz als in Ballungsgebieten wie Tokyo oder Osaka.
5) Was ist genau so, wie in Deutschland?
Das ist schwierig zu beantworten, weil es sehr viele kleine oder grundlegende Dinge gibt, die in Deutschland genauso sind. Japan und Deutschland haben ja sehr ähnliche Lebensstandards. Es ist einfacher die Unterschiede zu nennen. Z.B. gibt es in jedem Viertel in jeder Stadt mindestens einen 24-Stunden-Laden. Das sind kleine Supermärkte, wo man fast alles bekommt und es sogar einfache warme Snacks gibt.
6) Kannst du die Schilder von Geschäften oder die Verpackungen von Dingen lesen?
Wenn sie mit Katakana oder Romaji geschrieben sind, ja. Ansonsten kann es mit Kanji (chinesische Zeichen) schwierig werden, auch wenn ich schon viele Kanji lesen kann (300). Das Problem ist oft, dass ich die Wörter einfach nicht kenne. Ich muss aber schon sagen, dass ich mittlerweile viele Schilder lesen kann.
7) Ist es schwer, sich zu integrieren?
Im Alltag gibt es viele Verhaltensweisen, an die man sich anpassen muss, um sich in die Gesellschaft zu integrieren. Da gibt es Dinge, die fallen einem auf oder man bekommt sie gesagt und dann verhält man sich ab diesem Zeitpunkt genauso. Hier fällt es einem dann sehr leicht. Für manche Sachen braucht man dann auch etwas länger, da man sie nicht von Anfang an perfekt kann, z.B. Gesten. Das größte Problem sind die Dinge, über die man sich ein bisschen ärgert, weil sie einem eigentlich nicht so wirklich passen. Man muss dann darüber hinwegkommen, um sich daran zu gewöhnen, und es kostet Überwindung. In so einer Situation war ich als ich am Anfang im Judoclub mehrere kleine Verletzungen und viel Muskelkater hatte (was wahrscheinlich daran lag, dass ich die letzten Wochen vor der Abreise und die ersten beiden Wochen in Japan nur sehr wenig Sport gemacht habe). Durch die Tatsache, dass ich aber weiterhin jeden Tag Training hatte, hat sich mein Zustand über mehrere Tage hinweg eher verschlimmert und wo ich mir in Deutschland zwei Tage zu Regeration genommen hätte musste ich mir hier was Anderes überlegen.
Ich komme zum Glück aber nur sehr selten in so eine Situation.
8) Sind die Lehrer streng? Ist das Lehrer-Schüler-Verhältnis anders, als in Deutschland?
Die Lehrer sind sehr freundlich und nett. Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist relativ entspannt. Wie streng der Unterricht dann aber ist, hängt sehr vom Lehrer ab. Aber es schien anfangs strenger als es wirklich ist und ich würde sagen, dass der Unterricht am HHG teilweise strenger ist. Ich habe im Gegensatz zu meinen Klassenkameraden keine Hausaufgaben, weil ich stattdessen Japanisch lerne. Was mir aber aufgefallen ist, ist, dass hier nur sehr wenig im Unterricht geschlafen wird, obwohl das der Ruf der japanischen Schüler ist.
9) Gibt es Schulrituale?
Ja, es gibt einige Schulrituale. Zum Beispiel ist der Klassenlehrer vor der ersten und nach der letzten Stunde immer bei der Klasse und es wird dann Organisatorisches geklärt. Vor und nach der Stunde wird an- und abgegrüßt (きりつ= alle stehen auf、気を付け= Stillgestanden-Position、れい= Verbeugung). Im Sportunterricht gibt es noch einmal eine Art Gymnastikübung, die alle synchron machen, während immer wieder bis acht gezählt wird. Außerdem stehen morgens immer Schüler vor der Schule und begrüßen die anderen Schüler. Bei dieser Aufgabe wechseln sich die Clubs ab. Nach dem Unterricht wird geputzt. Am Anfang jedes Trimesters gibt es eine Ansprache in der großen Turnhalle, bei der alle Schüler anwesend sind.
10) Fühlst du dich als Riese und passt du durch die Türen hindurch?
An den meisten Orten bin ich der Größte, wobei es in der Schule viele Schüler gibt die fast so groß oder ähnlich groß sind. Mit Türen oder auch Autos hatte ich bis jetzt überhaupt keine Probleme, da meine Gastfamilie für japanische Verhältnisse relativ groß ist, weswegen sie große Autos hat. In traditionellen Häusern ist meistens etwas weniger Platz. Komatsu ist allgemein großflächiger bebaut als Kaiserslautern und es gibt hier wenige Mehrfamilienhäuser.